7.3. | Unsern Tempel reinigen (Joh 2,13-25)
Keiner lässt sie aus! Alle vier Evangelisten erzählen von dem Zwischenfall im Tempel von Jerusalem. Der sonst so liebevolle und hilfsbereite Rabbi aus Nazaret macht den Händlern das Geschäft kaputt, verärgert die Priester und Theologen und bringt bis heute fromme Leute zum Kopfschütteln. Von Gewalttätern und Krawallmachern haben wir doch die Nase voll! Oder?
Von der „Tempelreinigung“ berichten Matthäus, Markus und Lukas kurz vor der Verhaftung Jesu. War seine Aktion vielleicht ein letzter Anlass, um mit diesem Ruhestörer jetzt endlich kurzen Prozess zu machen?
An diesem Sonntag hören wir diese Geschichte allerdings von Johannes. Und der erzählt das schon in seinem zweiten Kapitel, gleich nach der Hochzeit zu Kana – und will damit vermutlich dieses so gegensätzlichen Bilder des Meisters als programmatisch erklären für sein ganzes Wirken.
Wir dürfen nicht vergessen, dass dieses vierte Evangelium erst zum Ende des ersten Jahrhunderts aufgeschrieben wurde, mindestens 10 – 20 Jahre nach den anderen und lange nach der Zerstörung des Tempels durch die Römer im Jahr 70. Dass der etwa 40 Jahre vor der Katastrophe in dieser Stadt hingerichtete Jesus von Nazaret für seine Freundeskreise trotz allem lebendiger war denn je – das war für seine Freundinnen und Freunde der Grund, begeistert von ihm zu erzählen und aufzuschreiben: Er ist jetzt unser Tempel! In diesem Menschen finden wir den Unvorstellbaren! Der Gott Israels hat ihn aus dem Tod zu sich geholt, nach drei Tagen für sich neu aufgebaut. Und weil wir durch die Taufe todsicher zu ihm gehören, sind auch wir – einzeln und zusammen – jetzt Tempel Gottes! „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ Das schrieb auch schon Matthäus auf: Immer wieder neue Erfahrung (Mt.18,20)!
Wer das wirklich glaubt, wird die wunderbare Idee des Meister Eckhart (ca. 1260 – 1328) verstehen. Für diesen Dominikaner aus Thüringen, der auch in Köln studierte, ist die „Tempelreinigung“ jetzt bei uns dran! Jesus will die Händler aus uns austreiben: Wir wollen ja auch immer wieder mir Gott Geschäfte machen: Ich gebe dir etwas, damit du mir gibst, was ich will!
Mal ehrlich: Spekulieren wir mit unseren frommen und gut(gemeint)en Taten, mit Opfern und Gebeten nicht auch auf Bezahlung durch Gott oder sogar nur auf die Anerkennung durch unsere Mitmenschen? Jesus will auch uns entrümpeln und säubern. In uns soll ein Freiraum entstehen für Gott, den liebevollen „Abba“ Jesu. Er will in uns sein, sich uns schenken, unverdient und unbezahlbar. Wir sollen für ihn bedingungslos offen und leer werden.
Was müssten wir 2021 in uns persönlich und in unserer Kirche gemeinsam umstürzen und rauswerfen und freilassen – wie die Tauben aus ihren Käfigen? Was meint er konkret, da er heute wieder zu uns sagt: „Schafft das hier weg, macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle!“?
Gerhard Dane (Pfr. i. R.), Bedburg
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